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Merret trägt Forderungen an die Fachhochschule Westküste

 „Tourismus im Einklang mit den Einheimischen“

hieß die Fachtagung, zu der das Wirtschaftsministerium Schleswig-Holstein unter der Schirmherrschaft von Minister Madsen Anfang Dezember geladen hatte und die gemeinsam mit der Fachhochschule Westküste veranstaltet wurde.

Die Landesregierung in Kiel scheint unsere Anliegen zunehmend ernst zu nehmen, denn MERRET war eingeladen worden!

Der Vortrag unserer „Frontfrau“ Birte Wieda war beeindruckend, denn sie ließ die letzten 60 Jahre auf Sylt „mal so eben“ Revue passieren.

„Wenn Sylt endgültig im Overtourismus versinkt, dann hat es nicht an uns gelegen“, formulierte sie und betonte,“ wir Einheimischen sind nicht das Problem, wir sind die Lösung für einen zukunftsfähigen Tourismus.“

Birte Wieda und andere Vertreter:innen des Sylter Bürgernetzwerkes „Merret reicht’s“, waren gemeinsam zur  der Fachtagung „Tourismus im Einklang mit den Einheimischen“ angereist, die u.a. von der Fachhochschule Westküste organisiert worden war.

 „Bürgerinitiativen verstehen und gemeinsame Chancen sehen“ 

war der Titel des Vortrags, in dem Wieda munter aber eindringlich sechzig Jahre Bürgerinitiativgeschichte auf Sylt skizzierte. Hinzu kam ein Handout, mit dem das Bürgernetzwerk alles daransetzte, um eindeutig klarzumachen: „So geht es auf Sylt und in vielen anderen Destinationen im Norden mit der Art, wie touristische Entwicklung stattfindet, nicht weiter. Kurswechsel und in Zukunft Dialog auf Augenhöhe mit den Einwohnern, jetzt!“

Der Begriff „Versylterung“ war als Schlagwort für negativen, touristischen Strukturwandel auf der Tagung der FH Westküste in Heide leider oft präsent, aber von Sylt selber war bei dem hochkarätigen Event kein Touristiker zugegen.

Das Wirtschaftsministerium hatte die „Merrets“ als Initiatoren einer neuen, konstruktiven „Verweigerungskultur im Tourismus“ als Vortragende eingeladen. Wirtschafts- und Tourismusminister Claus Ruhe Madsen selbst stellte das Bürgernetzwerk durch die eindringliche Beschreibung seines Besuches auf Sylt in seiner Begrüßungsrede vor, war allerdings nur kurz und rein repräsentativ, in seiner Funktion als Schirmherr, vor Ort. 

Noch kann man leicht den Eindruck gewinnen, dass wirkliche Veränderung für den wichtigen Wirtschaftsfaktor Tourismus von Seiten des Landes gar nicht erwünscht ist. Frei nach dem Motto: „Ja, wir hören die Proteste der Einheimischen und deshalb müssen wir prüfen, wie wir die Tourismusakzeptanz wieder erhöhen.“

Doch sowohl der Deutsche Tourismusverband als auch das Deutsche Institut für Tourismusforschung FH Westküste räumten ein, dass man zu lange mit einseitigem Focus auf den Gast, ungeachtet der Bedürfnisse der einheimischen Bevölkerung, das Destinationsmanagement betrieben habe. 

Dass es ohne einen grundsätzlichen Kurswechsel aber nicht mehr geht, machte Birte Wieda mit ihrem Vortrag unmissverständlich deutlich. Sie leitete ihre Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung und Wandel mit einem Zitat aus dem Jahre 1996 ein – formuliert vor 26 Jahren von der Initiative „Rettet Sylt“ von Klara Enss:

Wenn wir Sylt retten wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als Abschied zu nehmen von der Maßlosigkeit der letzten dreißig Jahre!“ hieß es schon damals. 

Dass die Maßlosigkeit danach noch an Dynamik gewann, statt dass ihr politisch Einhalt geboten wurde, belegte Birte Wieda mit Beispielen, Zahlen und den Schlussfolgerungen aus dem aktuellen Beherbergungsgutachten vom Mai 2022, auf dessen Umsetzung sie eindringlich pochte. Unterstützt wurde sie von Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecherin des bundesweit arbeitenden Vereins Mehr Demokratie e.V., die sich ebenfalls für mehr Bürgerbeteiligung im Tourismus ausspricht und das Verfahren des Bürgerrates kurz erläuterte. 

„Wir haben es hier mit einem handfesten neuen Format zu tun, das es schafft Polarisierung aufzuheben, Konfrontationen zu beenden und den lösungsorientieren Austausch untereinander zu befördern. Es geht um Akzeptanzbeschaffung und um das Ringen um die beste Lösung.“     

Tourismus konsequent neu zu denken, heißt das Ziel.  Die „Merrets“ kamen nicht nur mit Forderungen, sondern mit einem Maßnahmenkatalog. Die „Westküstenallianz“, der Zusammenschluss von fünf Bürgerinitiativen der Region (Sylt, Föhr, Amrum, Sankt Peter-Ording, Büsum) hatte gemeinsam ergänzende Standpunkte zur aktuellen „Tourismusstrategie SH 2030“ entwickelt und formuliert, die als Flyer auf der Tagung an alle Teilnehmer:innen und auch an den Minister ausgehändigt wurden und hier zum download zu finden ist: Flyer Seite 1,      Flyer Seite 2.

Die Botschaft von „Merret reicht´s-Aus Liebe zu Sylt“ auf der Fachtagung blieb nicht ungehört. Der zweite positive Effekt: die weitere Vernetzung mit Experten: „Uns hat der Kurdirektor von Norderney beeindruckt, der ein Lebensraumkonzept zusammen mit den Bürger:innen verwirklicht, weil die Politik sich zunächst verweigerte. Bürgerbeteiligung ist der Weg, um veralteten Strukturen etwas entgegenzusetzen“, meint Birte Wieda resümierend. 

Ein weiteres Resümee: die Bretter, die auf Sylt noch zu bohren sind, sind ziemlich dick  😉