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„Einspruchsfrist nutzen!“ Bürgernetzwerk ruft zum Widerstand gegen B-Plan 28 auf
Jetzt Musterbriefe zur Stellungnahme hier downloaden und absenden!
Westerland
Mit der Veröffentlichung des Bebauungsplanentwurfs Nr. 28 durch die Gemeinde Sylt begann am 9. Juli 2025 eine vierwöchige Frist zur öffentlichen Auslegung. Die Bürgerinitiative „Merret reicht’s – Aus Liebe zu Sylt“ appelliert an alle Interessierten, „dringend und sofort“ von ihrem Recht auf Stellungnahme Gebrauch zu machen.
„Dieser Bebauungsplan darf so nicht beschlossen werden“, so Birte Wieda, Gründerin der Initiative. „Er ermöglicht eine erhebliche Ausweitung der Ferienwohnnutzung in einem bislang von Dauerwohnungen geprägten Gebiet und widerspricht allen zuvor beschlossenen Konzepten der Gemeindevertretung.“
(Download: Entwurf B-Plan 28, Gemeinde Sylt )
Worum geht’s?
Es geht um die Verhinderung des B-Plans 28, wie er jetzt beschlossen werden soll. Es geht um eine der letzten funktionierenden Nachbarschaften in Westerland. Es geht um den Schutz von Dauerwohnraum, der mit dem Entwurf des neuen Bebauungsplans 28 im Norden von Westerland keine Überlebenschance mehr hat.
Wenn dieser Entwurf durchkommt, wie jetzt geplant, dann fallen alle Schranken, dann stehen dem ungebremsten Ferienwohnungsbau künftig alle Türen offen.
Die Einspruchs-Frist läuft vom 09.07. bis 11.08.: vier Wochen lang können nun kritische Stellungnahmen zu diesem Plan eingereicht werden. Und das nicht nur von Bürgern der Gemeinde Sylt, sondern von allen, denen eine lebendige Insel Sylt am Herzen liegt.
Was ist passiert?
Weil Sylt ein riesiges Problem mit ungenehmigten („illegalen“) Ferienwohnungen hat, muss die Politik nun endlich baurechtliche Voraussetzungen schaffen, die diesen Zustand beenden und eine nachträgliche Genehmigung ermöglichen. Dafür müssen Bebauungspläne umgeschrieben werden, damit die Vorgaben der Gemeinde zur tatsächlichen Nutzung passen. Was sich nun alles ändern soll, kann man exemplarisch an der Änderung des B-Plan 28 ablesen. Denn den ersten Schritt macht die Gemeinde Sylt nun ausgerechnet mit einem gültigen B-Plan, der einmal ein Wohngebiet sichern sollte und in dessen Gesamtbereich bisher bereits 10% genehmigte Ferienvermietung möglich war.
In diesem Gebiet westlich des Schulzentrums, das einmal überwiegend von Insulanern bewohnt wurde, sind in den letzten Jahren aber sehr viele Immobilien verkauft und in illegale Ferienwohnungen umgewandelt worden. Diese könnten nun mit der Änderung in legale Feriennutzung überführt werden, doch im gleichen Zuge käme das Recht für 70 weitere Ferienwohnungen im Gebiet hinzu, da die Vorgaben für den Erhalt von Dauerwohnungen aufgeweicht werden.
Bis zu 3 Einheiten pro Adresse sollen künftig möglich sein, sogar eine vierte Einheit darf auf eine einzige Adresse gebucht werden, sofern es eine Dauerwohnung ist. Um diese Ausnutzung zu ermöglichen, sollen künftig Spitzböden und Keller zu offiziellen Wohnräumen werden dürfen. Die Dauerwohnräume werden kleiner, die Anzahl der Ferienwohnungen wird mehr, die Verdichtung nimmt zu. Alles wird noch viel schlimmer, als wir im Vorfeld bereits befürchtet hatten.
Und was war ursprünglich einstimmig beschlossen und den Syltern versprochen worden? Was waren die erklärten Ziele der Kommunalpolitik?
Festgeschrieben im Wohnraumentwicklungskonzept 2015 und einstimmig beschlossen im Beherbergungskonzept 2021:
– Schutz des Dauerwohnraums, Schutz des Altbestands
– Keine neuen Ferienwohnungen
– Touristische Bettenbegrenzung
– Verkehrsberuhigung
– Fokus auf die Interessen der Wohnbevölkerung Verbesserung der Infrastruktur für Insulaner
– Qualitätstourismus statt Massentourismus
Dieser neue Bebauungsplan bricht mit all diesen Versprechungen und ruiniert die letzten, verbliebenen Quartiere, in denen Sylter noch ein halbwegs intaktes nachbarschaftliches Wohnumfeld hatten.
Um die illegalen Ferienwohnungen nachträglich genehmigen zu können, werden die legalen Dauerwohnungen geopfert. Das ist „Realpolitik Sylt 2025“.
Dieser B-Plan28 darf so nicht kommen! Das darf nicht geschehen. Deshalb brauchen wir jetzt jede Hand und jede Stimme, um durch Einwände und Stellungnahmen diesen Plan in dieser Form zu verhindern. Merret stellt Musterbriefe zur Verfügung, die bei der Gemeinde Sylt entweder per Post oder per email eingereicht werden können.
Downloads hier :
B-Plan 28 StellungnahmeMusterbrief als Word Doc
B-Plan 28 Stellungnahme Muster als pdf
B-Plan 28 ausführliche Stellungnahme Musterbrief 28 B-Plan als Word Doc
B-Plan 28 ausführliche Stellungnahme Muster PDF
B-Plan 28 Nachweise und Hintergrundinfos
Bis zum 11.August 2025 kann die Öffentlichkeit Stellungnahmen abgeben. Je mehr, je klarer, je entschiedener, umso besser. Im Bauausschuss Oktober/November wird dann über diese eingereichten Einwände und Stellungnahmen von Bürgern wie auch von Ministerien und Behörden weiter beraten.
Vielen Dank für eure aktive Hilfe,
Eure Merret
Klasen klärt auf: Sylter Boom der Ferienwohnungen ist vorbei
„𝐒𝐲𝐥𝐭 𝐦𝐮𝐬𝐬 𝐝𝐞𝐫 𝐖𝐚𝐡𝐫𝐡𝐞𝐢𝐭 𝐢𝐧𝐬 𝐀𝐮𝐠𝐞 𝐬𝐞𝐡𝐞𝐧
Was passiert gerade auf dem Sylter Immobilienmarkt – und warum stehen hunderte Objekte zum Verkauf?
Im exklusiven Merret-Interview spricht Investmentbanker und gebürtiger Sylter Kristian Klasen offen über die neue Realität auf der Insel: über geplatzte Renditehoffnungen, über Crowdinvesting-Projekte mit Risiken, über politische Versäumnisse – und darüber, warum Dauervermietung die einzige tragfähige Perspektive für Sylt sein könnte. Ein Gespräch, das deutlich macht: Wer die Zukunft gestalten will, muss zuerst die Gegenwart verstehen. Jetzt lesen und mitdiskutieren.
𝐙𝐞𝐡𝐧 𝐅𝐫𝐚𝐠𝐞𝐧 𝐚𝐧 𝐊𝐥𝐚𝐬𝐞𝐧
Kristian Klasen (64), ein Profi in Sachen Geldanlage, hat knapp dreißig Jahre in Frankfurt bei verschiedenen Banken gearbeitet, kennt das internationale wie auch das deutsche Geschäft. Sein Kontakt nach Sylt ist nie abgerissen. Im Gegenteil: Den Immobilienmarkt und die Tourismusentwicklung auf seiner Heimatinsel hat er stetig aufmerksam verfolgt und analysiert. Inzwischen ist Klasen nach Sylt zurückgekehrt und hat sich in Wenningstedt „zur Ruhe gesetzt“. Seine Expertise setzt er nun unter anderem als Vorsitzender des Finanzausschusses in der Gemeindevertretung ein – und auch hier, im Merret-Interview:
1. Über Jahrzehnte hieß es „Sylt ist ein sicherer Hafen“ für Vermögenswerte. Gilt das auch heute noch?
Nach der Finanzkrise 2007/2008 gingen die Zinsen auf Talfahrt. Aktien wurden unattraktiver. Sylt wurde auf einmal für Investoren interessant, die Vermögen langfristig parken wollten. Die Knappheit von Grundstücken heizte den Boom noch an. Das war tatsächlich ein „Safe Haven“. Die Rendite stand bei vielen nicht einmal im Vordergrund. Hauptsache ich verliere nichts und habe nebenbei noch ein schönes Objekt – mit Wertsteigerungspotential. Da konnte man nichts falsch machen.
2. Die Zeiten haben sich geändert. Noch nie innerhalb der letzten fünfzehn Jahre waren auf Sylt so viele Immobilien auf dem Markt – hunderte Häuser und Wohnungen finden sich allein bei Immoscout – was ist passiert?
Der „Schwarze Schwan“ traf die ganze Welt. In der Finanzwelt nennt man das „die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“. Zuerst kam Corona und löste auf Sylt einen geballten Nachfrageschub aus, den „Himmel auf Erden“. Und dann kamen kurz darauf gleich zwei weitere Hämmer – jetzt allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Ukraine-Krieg seit 2020 mit einsetzender zumindest deutschlandweiter Rezession – gepaart mit Kreisbaudirektor Jansen, der die klassischen Geschäftsmodelle in Frage stellt und damit wohl eine Marktbereinigung einleitet. Verkaufsgründe gibt es urplötzlich sehr viele: von erzwungener Auflösung eiserner Reserven des Mittelstandes bis zur ungenehmigten Ferienvermietung. Dazu die Verstopfung durch massenweise Neubauten aufgrund nicht erfüllter Marktprognosen und nicht zuletzt das Grundrauschen des auch auf Sylt einsetzenden Generationswechsels. Die Babyboomer trennen sich von ihrem Besitz.
3. Nach Ihrer Erfahrung: wann erreicht Sylt den Tiefpunkt der Marktpreise?
Positive Trends bei Vermögensklassen wie Aktien, Zinsen, Immobilien erkennt man meist erst langfristig. Die letzte Niedrigzinsphase dauerte etwas länger als 10 Jahre an. Schocks einerseits und langfristige Erholungsphasen andererseits lassen aus der Historie nichts Gutes für den Markt erwarten. Es hat 20 bis 30 Jahre gedauert, um auf das Rekordniveau der Sylter Immobilienpreise der Corona-Zeit zu kommen. Das jetzt erlebte Ausbluten könnte enden, sobald Deutschland aus der Rezession ist und die Konjunktur wieder besser läuft. Da müsste man nach Berlin schauen und hoffen. Ein Ukraine-Frieden könnte Wunder wirken – darauf hoffen offensichtlich viele Akteure hier.
4. Was ist davon zu halten, wenn die Sylter Rundschau immer wieder einseitig Marktanalysen einzelner Immobilienfirmen veröffentlicht, die alle immer von Aufwind sprechen?
Bodenpreise werden von den Gutachterausschüssen ermittelt und fortgeführt. Das sind gezahlte Preise, die wenig mit Angebotspreisen zu tun haben. Nur diese Statistik ist belastbar. Seriöse Analysen sollten sich auf Fakten stützen und nicht auf Wunschdenken der Angebotsseite.
5. Neuerdings werden auf Sylt Immobilienprojekte schon per Crowdsourcing finanziert, was bedeutet das?
Das ist sicherlich eine innovative Möglichkeit, selbst Kleinanlegern Zugang zum hiesigen Immobilienmarkt zu gewähren. Dabei investieren viele Anleger über eine Online-Plattform gemeinsam in ein Immobilienprojekt, wenn dem Initiator etwa Kredite oder Eigenkapital ungenügend zur Verfügung stehen. Hier gilt – wie bei allen nichtstandardisierten Anlageformen wie etwa bei geschlossenen Windparkfonds: Obacht und das Kleingedruckte lesen! Passen Rendite und Risiko zusammen? Wie hoch ist der mögliche Verlust? Nicht zuletzt sollte ich die Risikotragfähigkeit meines Gesamtportfolios betrachten, um im Notfall auch den Totalverlust verkraften zu können. Auf Sylt war das bislang unbekannt. Mir zeigt sich hier die mittlerweile prekär anmutende Lage der Finanzmittelbeschaffung beziehungsweise der Kapitaldecke einiger Bauträger.
6. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist auf der Insel mittlerweile ein soziales Problem. Gibt es aus Vermietersicht wirtschaftlich tragfähige Modelle, die die Umwandlung von Ferienimmobilien in Wohnimmobilien attraktiv machen?
Das Wunschdenken an die „eierlegenden Wollmilchsau“ war gestern: Ferienvermietung mit gleichzeitiger Eigennutzung und zusätzlicher Perspektive auf Wertsteigerung kennen nur noch Märchenerzähler – oder sehr wenige Menschen, die es sich wirklich leisten können. Der Aufwand bei der Ferienvermietung mit mindestens 20% Provision für den Vermittler, ständig neues Mobiliar, Internet, TV-Gebühren, Gärtner, pausenlos ansprechbar sein… dazu mitunter noch Zweitwohnungssteuer, das rechnet sich kaum mehr. Jedenfalls ist der Unterschied zur Festvermietung geringer als man denkt. Man muss das mal über zwölf Monate überschlagen, zumal immer weniger Objekte wirklich gut ausgelastet sind. Das Überangebot drückt erheblich auf die Margen. Die Euphorie des Geldverdienens mit Ferienimmobilien ist auf Sylt finanzieller Nüchternheit gewichen.
7. Welche Rolle spielt bei dieser Entwicklung die unsichere Genehmigungslage, Stichwort „illegale Ferienwohnungen“?
Dieser Schock kam mit Verzögerung. Seit 2023 hat sich der Sylter Immobilienmarkt zunächst langsam, jedoch zunehmend dynamisch komplett verändert. Inzwischen sind die einschlägigen Informationen zu jedem in der Republik verstreuten Eigentümer durchgedrungen. B-Plan, Baugenehmigung, Baujahr… alles das spielt urplötzlich eine Rolle. Die Verunsicherung ist riesengroß und sollte möglichst bald verschwinden. Viele versuchen die Reißleine zu ziehen – mit offensichtlich sehr optimistischen Preisvorstellungen, die – so wie ich denke – vielfach langwierig und schmerzhaft enttäuscht werden könnten. Da täte eine realistische Beratung mit einer Portion Common Sense gut. Nach meinem Eindruck wird an zu vielen Stellen versucht, künstlich ein Level aufrechtzuerhalten – in einer „übersinnlichen“ Einigkeit der Marktakteure. Keiner will als Nestbeschmutzer gelten und den Markt anerkennen wie er ist. Lieber übernimmt man das Mandat mit viel Schmerz und schlechtem Gewissen, statt Expectation Management zu betreiben, also allen Beteiligten realistisch aufzuzeigen, was Sache ist. Man muss der Wahrheit ins Auge sehen.
Wir brauchen Tourismus. Davon hängen wir seit mehr als 100 Jahren ab. In den Gründerjahren gab es zum ersten Mal einen echten Boom, gefüttert vom Aufschwung des wilhelminischen Zeitalters, von dem schon viele unserer Urahnen und zugereiste Glücksritter profitierten. Personalprobleme waren unbekannt. Die gab es nicht einmal nach dem deutschen Wirtschaftswunder. Alles okay bis in die 2010er Jahre hinein. Aber nun erleben wir die Auswirkungen der Marktübertreibung. Das Overshooting bedingt letzten Endes eine Neupositionierung und ein Umdenken.
Es wird etwas länger dauern, bis es in die Köpfe der Menschen geht, dass die Ferienvermietung nicht die Zukunft der Insel sein wird. Seien wir ehrlich. Was bleibt uns denn? Dauervermietung bleibt die einzig realistische Alternative. Es gibt – wie bereits immer schon – Pensionen, Hotels und nichtzuletzt genehmigte Ferienwohnungen, deren Zukunft zunehmend und jetzt auch nachhaltig von der Planung unserer Gemeinden abhängt. Warum soll die Ferienvermietung nach Abzug aller Kosten denn renditestärker als Dauervermietung sein? Die Zeit der Überrendite ohne jedes Risiko ist endgültig vorbei.
8. Und welche Rolle spielt dabei die Kommunalpolitik, die z.B. mit dem B-Plan 28 in klassischen Wohngebieten eher mehr Ferienwohnungsbau möglich macht als weniger?
In Wenningstedt arbeiten wir an einem Ortsentwicklungskonzept, welches das gesamte Gemeindegebiet umfasst. Die Blaupause des Gemeinde Sylter B-Plan 28 könnte theoretisch zwar in einem unserer mehr als zehn B-Plan-Gebieten Anwendung finden. Wir analysieren jedoch genau die aktuelle Bestandsituation für jedes Gebiet und versuchen zu gestalten, wie und wo Dauer-, Zweit und Ferienwohnen miteinander in Einklang zu bringen sind. Wir wollen weder Ghettos noch verwaiste Landschaften. Klar ist, dass wir es nicht jedem werden recht machen können. Aber wir werden die Probleme lösen.
9. Die Kreisverwaltung hat nun bei älteren Objekten (aus den 1960er und 1970er Jahren) ein wenig den Dampf rausgenommen und dort Bestandsschutz garantiert, wie viele Eigentümer können da überhaupt aufatmen?
Der Kreis schuldet noch eine genaue Handhabung der Umsetzung. B-Pläne wurden zumindest in Wenningstedt-Braderup erst ab den 80er Jahre etabliert. Die Baunutzungsverordnung sieht „Ferienwohnen“ erst seit 2017 vor.
Insofern muss genau geschaut werden, welche Objekte tatsächlich den Schutz genießen – oder ob es sich nur um einen Papiertiger handelt. Andererseits hat jeder zumindest einmal eine Orientierungshilfe. Mittelfristig werden jedoch in jedem Falle Objekte über die Klippe gehen, die den Brandschutzvorgaben nicht entsprechen und künftig z.B. nur noch zwei statt vier Personen beherbergen können.
10. Jede Krise birgt auch eine Chance – welche ist unsere?
Als Investmentfachmann sehe ich ein großes Potenzial, und ich wundere mich ernsthaft, dass das bislang noch niemand auf dem Radar hat: Politik und Interessenvertreter sollten den Fokus nicht wie bislang nur in Richtung Tourismus sondern auch hin zur Vermarktung unserer Insel als Lebensmittelpunkt richten. Das ist pures Gold. Neue Insulaner für die Insel! Die bringen Geld, Struktur und Kapazitäten mit. Die Welt hat sich in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert. Internet, Krisen, Langlebigkeit… Alles vereinigt „Sylt“ als optimales neues Zuhause. Sylt hat für Zuzügler enorm viel zu bieten: viele spannende Menschen, vier Golfplätze, ein interessantes Kulturangebot, atemberaubende Natur, großartige Immobilien. Warum sollten wir nicht den dauerhaften Zuzug bewerben, anstatt ständig mit neuen Flugrouten auf die Insel aufmerksam zu machen, damit teure Leute für zwei Nächte einen Abstecher nach Sylt machen können? Demoskopie und Wohlstandswachstum sprechen für ein Leben auf dieser Insel. Neue Freunde und ein Leben „ab vom Schuss – aber mittendrin“ ist attraktiv für jedes Alter. Homeoffice geht überall.
In der Praxis hieße das für mich: „Sylt Marketing“ mit zusätzlicher Zielsetzung, Abkehr vom unseriösen „Sylter Maß“ bei der Wohnflächenangabe und bitte gelebter Realismus bei Immobilienvermarktung in Richtung Dauervermietung. Fassadenpreise müssen ein Ende haben. Wir machen uns selbst den Ruf kaputt. Dazu schnelle Umsetzung anzupassender B-Pläne im Rahmen Ortsentwicklung.
Was ist Ihr Résumé:
„Die Hoffnung stirbt zuletzt“. So zumindest scheinen alle relevanten Entscheidungsträger zu denken. Diese Denkweise ist derart dominant, dass sich keiner aus dem Pulk der Lemminge trennen will, um mit der langjährig erlebten Praxis zu brechen. Wie lange noch müssen wir damit leben?
Aber: Wie schon Margaret Thatcher 1988 verstand: „You can´t buck the Market!“* Dem kann sich keiner entziehen.
*Gegen den Markt kommt man nicht an.
Nach Sticheleien kommt nun die Stichtagsregelung zur Nutzung von Ferienwohnungen
📢 Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Stichtagsregelung bringt Klarheit bei Ferienwohnungen
Was ist passiert?
Nach jahrelanger Unsicherheit gibt es nun eine entscheidende Wende im Streit um die vielen ungenehmigten Ferienwohnungen auf Sylt und im gesamten Kreis Nordfriesland. Der Kreis hat gemeinsam mit dem Innenministerium Schleswig-Holstein eine rechtliche Auslegung vorgelegt, die es Besitzern alter Ferienwohnungen ermöglicht, diese ohne zusätzliche Genehmigung weiterhin legal zu betreiben – unter bestimmten Voraussetzungen.
📜 Die Details laut Kreis Nordfriesland:
- Für Wohnungen, die vor dem 1. August 1962 (bzw. vor dem 1. Januar 1977 in unbeplanten Innenbereichen) genehmigt wurden und nachweislich bereits damals zu Ferienzwecken genutzt wurden, ist keine Umnutzungsgenehmigung mehr erforderlich.
- Die Nutzung gilt hier als Teil der ursprünglichen Wohnnutzung.
- Diese Lösung betrifft vor allem alte Immobilien, oft noch im Besitz Sylter Familien.
- Voraussetzung: keine nachträglichen baulichen Änderungen ohne Genehmigung, keine späteren neuen Genehmigungen, die die Altgenehmigung ersetzen.
Was bedeutet das für Sylt?
✅ Entlastung der Verwaltung: Weniger Anträge, klarere Zuständigkeiten
✅ Rechtssicherheit für Eigentümer: Besonders für jene, die Ferienwohnungen seit Jahrzehnten betreiben
✅ Erhalt alter Häuser: Diese Regelung kann helfen, Substanz und Eigentum in Sylter Hand zu halten
📉 Aber: Neuere Ferienwohnungen (nach 1962/1977) fallen nicht unter die Regelung. Für sie bleibt die Lage kompliziert – sie sind weiter auf künftige Bebauungspläne und Genehmigungsverfahren angewiesen. Der Kreis kündigt in seiner Pressemitteilung an, weiterhin zu kontrollieren – allerdings zuerst dort, wo Sicherheitsmängel bestehen.
„Merret reicht’s“ begrüßt die Regelung – mit klaren Erwartungen.
In einer aktuellen Stellungnahme äußert sich Birte Wieda vom Bürgernetzwerk „Merret reicht’s – aus Liebe zu Sylt“ grundsätzlich positiv zur neuen Linie:
🗨️ „Diese Regelung hilft enorm, weil nun bestehende Ferienunterkünfte abgesichert werden, die sehr wahrscheinlich noch in den Händen von angestammten Sylter Familien sind.“
Noch sei allerdings unklar, um wie viele Objekte es unterm Strich überhaupt geht. Zudem, so Wieda, sei es bedauerlich, dass es „erst durch den Druck der Kontrollen zu dieser Lösung kommen musste“ – anstatt frühzeitig politisch zu handeln.
Und ein warnender Blick auf den Bebauungsplan 28 folgt prompt:
🗨️ „Es bleibt die große Aufgabe, den verbliebenen Dauerwohnraum zu schützen und planungsrechtlich abzusichern. Der neue B-Plan 28 gibt das leider nicht her.“
📌 Ihr Appell:
„Jetzt werden die Weichen für die Zukunft der Insel gestellt. Wir sehen derzeit eine historische Chance, durch ernsthafte städtebauliche Planung und Berücksichtigung der insularen Tragfähigkeit das verlorengegangene Gleichgewicht zwischen Tourismus und Lebensraum auf Sylt wieder herzustellen.“
🔍 Hintergrund:
- Viele Wohnungen auf Sylt wurden ursprünglich als Dauerwohnraum genehmigt – und später ohne Genehmigung touristisch genutzt.
- Die Mischung zwischen Dauerwohnen, Zweitwohnsitzen und Ferienvermietung ist dabei vielerorts aus dem Gleichgewicht geraten. Das belegt das Beherbergungskonzept, das die Gemeindevertreter einstimmig beschlossen hatten.
- Der Kreis geht davon aus, dass es noch bis ins Jahr 2034 dauern wird, bis alle Baugebiete kontrolliert und planungsrechtlich bereinigt sind.
📣 Fazit:
Mit der neuen Stichtagsregelung ist dem Kreis Nordfriesland ein bedeutender Schritt gelungen, der Rechtssicherheit schafft, lokale Eigentümer schützt und gleichzeitig die Tür öffnet für neue, gerechtere Planungen auf kommunaler Ebene.
Aber: Der eigentliche Kraftakt beginnt jetzt.
🏠 Wieviel Tourismus vertragen Insel und Einwohner überhaupt noch?
🏠 Wann wird der weitere Ferienwohnungsbau endlich gestoppt?
🏘️ Wie schützen wir den Dauerwohnraum für Sylter*innen langfristig und nachhaltig?
„Merret reicht’s“ bleibt dran – gemeinsam mit allen, denen Sylt mehr ist als ein Geschäftsmodell.
Hält Haltermann Wort?
Gemeinwohl vor Einzelinteressen – was die Sylter jetzt von der neuen Bürgermeisterin Tina Haltermann erwarten dürfen
Mit Handschlag, Urkunde und anhaltendem Applaus ist Tina Haltermann an der Spitze der Gemeinde Sylt vereidigt worden. Die parteilose Verwaltungsfachwirtin hatte sich zuvor in der Stichwahl mit 55,6 Prozent der Stimmen gegen Markus Gieppner durchgesetzt und trat ihr Amt offiziell zum 1. Mai an.
Wer ist Tina Haltermann?
Haltermann stammt aus der Nähe von Plön, ist 46 Jahre alt, Verwaltungsfachwirtin, und eine, die zuhören kann: So beschreibt sich Haltermann selbst auf ihrer Kampagnenseite. Sie führte lange das Tourismus-Controlling des Inselservice, ehe sie 2023 ins Rathaus wechselte. Jetzt will sie „kompetent Verantwortung übernehmen, nachhaltig entwickeln und gemeinschaftlich gestalten“. Haltermann übernimmt ein Rathaus, das nach der Abwahl ihres Vorgängers und den Dauerdebatten um illegale Ferienwohnungen immer noch im Ausnahmezustand arbeitet. Sie trat zwar ohne Parteibuch an, wurde jedoch von der CDU unterstützt. Der Verein Sylter Unternehmer sprach sich öffentlichkeitswirksam für Haltermann aus.
Warum Sylt jetzt eine starke Interessenvertretung braucht
Sylt ist längst zum Symbol für die Spannung zwischen mächtigen Akteuren im Feriengeschäft und einer Inselgesellschaft geworden, die bezahlbares Wohnen, intakte Natur und lebenswerte Orte verteidigen muss. Zu oft dominierten in den vergangenen Jahren Einzelinteressen – von Makler-Lobby über Zweitwohnungsbesitzer bis hin zu Investoren mit Kurzfrist-Renditezielen.
Eine Bürgermeisterin kann diese Kräfte austarieren – wenn sie sich klar an das Gemeinwohl bindet und die Insulaner*innen in den Mittelpunkt stellt.
Drei Prüfsteine für die neue Amtszeit
Ihre Agenda – unsere Fragen
-
Dauerwohnraum sichern. Haltermann bekennt sich zum Beherbergungskonzept und kündigt „konsequente Kontrollen“ an, gleichzeitig aber „faire Übergänge“ für Eigentümer.
-
Klimafeste Insel. Sie will Moor- und Dünenschutz forcieren und eine „Sanierungs-Offensive für gemeindeeigene Gebäude“ starten. Gut so – doch ohne mutige Bauleitplanung bleiben Immobilienexzesse weiterhin gefährlich real.
- Dialog statt Grabenkampf. Ein Bürger*innenhaushalt, Bürgersprechstunden in allen Ortsteilen und ein Online-Portal, über das jede/r Baustellen, Müll oder Zweckentfremdung melden kann, sollen Vertrauen schaffen. Haltermann nennt das „Sylt Mitmachen“. Wir werden diese Pläne konstruktiv begleiten.
Merret bleibt laut – und konstruktiv
Wir gratulieren Tina Haltermann zu ihrem Amtsbeginn – und erinnern daran, dass Vertrauen ein Gut auf Vorschuss ist. Sylt braucht eine Rathausspitze, die mutig die Interessen der Inselgemeinde gegen die Lautstärke finanzstarker Minderheiten vertritt. Wenn die Bürgermeisterin den Weg Richtung Gemeinwohl einschlägt, steht sie auf der richtigen Seite.
Im Namen aller, die hier leben, arbeiten und alt werden wollen: Sorgen Sie dafür, dass Sylt wieder den Menschen gehört, nicht dem Profitinteresse Einzelner.
Aus Liebe zu Sylt.
Eure Merret
Bürgermeister*in für Sylt – Wer wird’s? – Merret stellt die Kandidaten vor.
Am 16. März 2025 wählen die Einwohner der Gemeinde Sylt ihren neuen Bürgermeister oder ihre neue Bürgermeisterin. Das interessiert nicht nur die Inselbevölkerung. Der Westerländer Rathaussessel ist auch bundesweit ein Thema. Denn Sylt ist bekanntlich immer für eine Schlagzeile gut. Dabei türmen sich die ernstzunehmenden Probleme. Nach Jahren der Haushaltsperre liegt vieles brach. Zudem kämpft die Insel mit der Kreisverwaltung, die mit der Stilllegung nicht genehmigter Ferienwohnungen droht. Eine trostlose Innenstadt will modernisiert werden. Die Infrastruktur hat ebenfalls bessere Tage gesehen. Wer also wird „König“ oder „Königin von Sylt“, wie es die Bild-Zeitung gern auf den Punkt bringt? Sechs Personen stehen zur Wahl, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und doch sollen alle einem strengen Anforderungsprofil entsprechen, in der Ausschreibung heißt es: „Die Gemeinde Sylt hat aufgrund des bundesweiten Interesses an dem Geschehen auf der in Deutschland beliebten Nordseeinsel Sylt eine hohe Strahlkraft.“ Es wird nach einer Persönlichkeit mit „Ausstrahlung“ gesucht. Führungs-Knowhow ist wichtig. Erfahrungen im Bereich Tourismus sind notwendig. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse unerlässlich. Zwei Frauen und vier Männer sind davon überzeugt, in dieses Anforderungsprofil zu passen und haben sich beworben.
Doch wer sind diese Leute und was befähigt sie für diesen Job? „Merret reicht’s“ hat als einzige Interessengruppe auf der Insel alle zum ausführlichen Gespräch eingeladen und dabei die Kamera mitlaufen lassen. Jedes Interview war rund eine Stunde lang. Darin stellten sich die Kandidaten und Kandidatinnen den Fragen des Bürgernetzwerks und gaben auch Persönliches preis. Wer die Kandidaten kennenlernen möchte und noch unsicher in der Entscheidung ist, kann sich hier ausführlich informieren.
(Einer hat jedoch gekniffen. Melf Hansen, der Wirt aus dem „Irish Pup“ in Westerland wollte sich dann doch nicht von uns befragen lassen und hat kurzfristig abgesagt,.)
Macht euch ein Bild von unserer Zukunft in den nächsten sechs Jahren! Klickt den entsprechenden Youtube-Link zur Person an. Die Interviews starten nach dem Merret-Song.
Jali Schneider – Die Unkonventionelle
Viel Power, viele Ideen, aber wenig Erfahrung. Vorteil oder Nachteil?
Jens-Peter Meckel – Der Abgeklärte
Jurist, lebenserfahren und mit 71 der älteste. Spricht das eher für ihn – oder eher nicht?
Tina Haltermann – Die Insiderin
Durchblickerin, Netzwerkerin – und mit dem Verwaltungssystem verwachsen. Steckt sie selbst zu tief drin oder ist das gerade gut?
Markus Gieppner – Der Politiker
Gemeindevertreter, Kenner der Materie, Realist. Mit Visionen, aber ohne Illusionen. Schon zu abgeschliffen oder genau passend?
Nils Brinkmann – Der Heimkehrer
Medienwissenschaftler, in Gremien erfahren, Arbeitstier. Zu lange zu weit weg gewesen? Oder ist Distanz genau die Trumpfkarte?
𝗚𝗹𝘂𝗰𝗸 𝗚𝗹𝘂𝗰𝗸 𝘄𝗲𝗴 𝘄𝗮𝗿 𝗲𝘀 – List: ein Schwimmbad säuft ab
𝗪𝗶𝗲 𝗱𝗮𝘀 𝗟𝗶𝘀𝘁𝗲𝗿 𝗦𝗰𝗵𝘄𝗶𝗺𝗺𝗯𝗮𝗱 𝗮𝗯𝗴𝗲𝘀𝗼𝗳𝗳𝗲𝗻 𝗶𝘀𝘁 – 𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗦𝗽𝘂𝗿𝗲𝗻𝘀𝘂𝗰𝗵𝗲
Ach ja. Schade. Wäre schön gewesen. Aber leider nein. Das Lister Schwimmbad kommt nicht. Obwohl es den Syltern versprochen worden war. Es sollte ein großzügiges Dankeschön sein für die Erlaubnis, in List ein riesiges Feriendorf mit Hunderten von Einheiten zu errichten. Von wem denn? Vom Bauträger Marc Weinstock und dem Bürgermeister höchstpersönlich? Ernsthaft? Das ist doch schon so lange her. Das war während einer Einwohnerversammlung am 15. September 2020 in List. Daran kann sich sowieso keiner mehr erinnern. Der offizielle Videomitschnitt der Gemeinde wurde längst gelöscht. Er wurde trotzdem für die Nachwelt gesichert. Falls es mal wichtig würde. So wie jetzt. Dennoch behaupten heute alle, die dem Dünenpark tatkräftig den Weg geebnet haben, Bauträger Weinstock hätte immer gesagt, mit seinen vier Millionen plus der zugesagten Förderung vom Bund ist die Sanierung ruckzuck erledigt. Aber wie das Leben so spielt… Es läuft nie wie geplant. Irgendwas ist ja immer. Am Ende war das Schwimmbad einfach nur ein Luftschloss ohne Wasser. Nicht mehr und nicht weniger. Ihr seid alle drauf reingefallen? Shit happens. Ihr wisst doch, wie das hier auf Sylt immer läuft. Nach altbekanntem Muster. Und zwar so:
Riesiges Sylter Bauprojekt, große Versprechungen, Geschenke, Werben um Vertrauen, fehlende Verträge, Ungereimtheiten, wieder Werben um Vertrauen, Kapitulation, Hände in Unschuld waschen, Schwamm drüber.
+++ 𝗦𝗰𝗵𝘄𝗶𝗺𝗺𝗯𝗮𝗱 𝗳𝗲𝗵𝗹𝘁𝗲 𝘀𝗰𝗵𝗼𝗻 𝟮𝟬𝟮𝟬 𝗶𝗻 𝗱𝗲𝗻 𝗕𝗮𝘂𝗽𝗹ä𝗻𝗲𝗻 +++
Aber von vorn: Manfred Koch war 2020 stellvertretender Bürgermeister von List, und in dieser Funktion stellte er in einer der ersten Sitzungen im neuen Jahr dem Gemeinderat die aktualisierten Pläne des Dünenpark-Bauträgers DSK-BIG vor. Das war eigentlich der Job von Bürgermeister Benck, aber der war im Urlaub. Zuerst fiel es den Anwesenden gar nicht auf, aber bei näherem Hinsehen fehlte zur allgemeinen Überraschung auf einem der neuen Pläne ausgerechnet das Schwimmbad. Schon damals. Es war nicht mehr eingezeichnet. Einfach verschwunden. Stattdessen waren dort Häuser geplant. Wie das? Das musste ein Fehler sein. Manfred Koch ließ ins Protokoll schreiben, dass die Schwimmhalle wie geplant auf jeden Fall erhalten bleiben muss.
Es war aber nicht die einzige Ungereimtheit und auch nicht die erste. Manfred Koch legte sein Amt nieder. Der Sylter Rundschau – Nachrichten für die Insel Sylt sagte er: „Der Bürgermeister und ich haben lange Zeit gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet. In letzter Zeit haben wir das nicht mehr so gut hingekriegt.“ Spricht man ihn heute darauf an, so lacht er laut auf und verweist auf das „typische Sylt-System“, das Kritiker und Nicht-Mitschwimmer abstraft. Der Zeitung sagte Koch nach seinem Rücktritt: „Dies hatte auch Auswirkungen auf das Leben außerhalb der politischen Arbeit.“
Nun folgte eine Kette von Überraschungen. Als nächstes wurde bekannt, dass für das Hallenbad keine Betriebserlaubnis existiert. Die war gemeinsam mit der Marineversorgungsschule erloschen. Die neue Eigentümerin, DSK-BIG, hatte bei der Übernahme des Grundstücks keine neue beantragt. Das Schwimmbad wurde folglich offiziell geschlossen, das Wasser abgelassen, kurz darauf brach der Beckenboden an mehreren Stellen auf, kapitale Risse waren die Folge, die Pumpen gingen kaputt. Exitus.
Nicht so schlimm, ließ Bürgermeister Ronald Benck in der Sylter Rundschau verlauten. Fünf Millionen koste die Sanierung, der Bund habe 900.000 Euro Fördermittel zur Sanierung freigegeben und der Eigentümer beteilige sich mit vier Millionen. Also alles in Butter. Zwölf Monate werde die Sanierung in Anspruch nehmen. „Mindestens“, ließ Investor Marc Weinstock die Öffentlichkeit wissen. „Mit Mitteln von insgesamt knapp fünf Millionen Euro (können wir) die Schwimmhalle energetisch und technisch auf einen zeitgemäßen Stand bringen.“ Mit dieser Ankündigung zur Fertigstellung spätestens Ende 2021 endete nicht nur die offizielle Kommunikation, sondern auch das Märchen vom neuen Schwimmbad.
Denn das Projekt war da längst tot, gestorben vier Monate vorher in einer Bauausschusssitzung der Gemeinde List. Nachzulesen in der Niederschrift der 2. Sitzung 2020. Dort eröffnete Schwimmbadversprecher Weinstock den Gemeindevertretern, dass eine Sanierung „eventuell“ wirtschaftlich nicht umsetzbar sei und dass es trotz des Denkmalschutzes auf Antrag seiner Dünenparkfirma zu einem Abriss kommen könne. Ein Knaller.
„…eventuell wirtschaftlich nicht umsetzbar…“ Wer sich mit solchen Bauträger-Formulierungen auskennt, hätte hier schon Bescheid gewusst. Für Bürgermeister Benck kein Alarmsignal: „Die Entscheidung muss emotional und nicht kalkulatorisch getroffen werden.“
Was dann folgte, ist ein jahrelanges Verwirrspiel um die Lister Schwimmhalle, das offenbar nur einem einzigen Zweck diente: den Syltern weiterhin vorne eine leckere Schwimmbadwurst hinzuhalten, um hinten in Ruhe den Dünenpark fertig zu bauen. Wenn man sich die Mühe macht, alle Protokolle und Schriftstücke aus den letzten fünf Jahren zu lesen, die vielen Puzzleteile zusammenzusetzen und um die Berichterstattung in der Sylter Rundschau ergänzt, wenn man den Förderantrag liest, die Kommunikation zwischen Verwaltung, dem Bürgermeister und der DSK-BIG durchleuchtet, wenn man achtzig Seiten Papier durchgearbeitet hat, um herauszufinden, an welcher Stelle das Projekt denn nun abgestürzt und wer dafür verantwortlich ist, wird man immer wieder auf diese eine Bauausschusssitzung am 11. März 2020 zurückgeführt. Alles, was danach kam und bis heute vor sich hin brodelt, legt folgenden Schluss nahe:
+++ 𝗗𝗮𝘀 𝗟𝗶𝘀𝘁𝗲𝗿 𝗦𝗰𝗵𝘄𝗶𝗺𝗺𝗯𝗮𝗱 𝘄𝗮𝗿 𝗻𝘂𝗿 𝗲𝗶𝗻 𝘃𝗲𝗿𝗵𝗲𝗶ß𝘂𝗻𝗴𝘀𝘃𝗼𝗹𝗹𝗲𝘀 – 𝗹𝗲𝗲𝗿𝗲𝘀 -𝗩𝗲𝗿𝘀𝗽𝗿𝗲𝗰𝗵𝗲𝗻 +++
Schon im Förderantrag, den Bürgermeister Benck im November 2021 beim Bund mit einer entsprechenden Kostenkalkulation eingereicht hatte, war nicht mehr nur vom Schwimmbad, sondern auch von der angeschlossenen Mehrzweckhalle die Rede. Es ging nun nicht mehr nur um fünf Millionen, sondern auf einmal schlugen 7,3 Millionen Euro zu Buche. Eine Steigerung von 50%, was aber selbst in Gemeindevertretersitzungen absichtlich oder unabsichtlich nie offen kommuniziert wurde. Dort blieb Benck eisern bei „förderfähigen Gesamtkosten“ von rund fünf Millionen Euro. Das war zwar nicht falsch, aber es war eben nicht die ganze Wahrheit. Die Wahrheit war in der Spalte „Gesamtkosten des Projekts“ zu finden und sie lautete: 7,3 Millionen Kosten.
Im Antrag schwarz auf weiß nachzulesen ist außerdem, dass die Dünenpark GmbH von Marc Weinstock nun nicht mehr vier Millionen dazugeben wollte, sondern nur noch drei. Es gab also 2021 bereits eine Unterdeckung von 3,4 Millionen Euro, um das Schwimmbad und die Mehrzweckhalle zu sanieren. In einer Hauruck-Aktion peitschte Benck die Zusage für diese Eigenmittel durch die Gemeindevertretung und begründete das mit „Regularien“, um die Fördergelder in Höhe von 900.000 Euro überhaupt zugesagt zu bekommen. Fragt man heute Lister Gemeinderatsmitglieder, die damals dabei waren, erinnern sie sich an eine „Pistole auf der Brust“. Und den wenigsten ist bis heute klar, dass sie mit ihrer Zustimmung der Gemeinde 3,4 Millionen Euro Schulden aufbürden würden. Schulden bei Marc Weinstock, dem nämlich die Sportanlagen gehören, die nun auf einmal zur Hälfte mit Steuergeldern saniert werden sollten.
+++ 𝗙𝗼𝗿𝘁𝗮𝗻 𝗴𝗶𝗻𝗴 𝗺𝗮𝗻 ü𝗯𝗲𝗿 𝗶𝗻 𝗣𝗵𝗮𝘀𝗲 𝟯: „𝗩𝗲𝗿𝘀𝗰𝗵𝗹𝗲𝗽𝗽𝘂𝗻𝗴“. +++
Die Zusage für die 900.000 Euro zur Förderung vom Bund kam schnell. Dass der Bund, Deutschlands nördlichstes Schwimmbad mit knapp einer Million Euro unterstützt, war auch unserer damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Astrid Damerow eine große Pressemeldung wert („Ich freue mich über die Entscheidung“). Bei Glanz ist man ja immer gern dabei. Bei Elend nicht mehr erreichbar. 900.000 Euro. Das Geld hätte abgerufen werden können. Aber dafür müsste man natürlich anfangen zu bauen. Und dafür bräuchte man erstmal eine Baugenehmigung. Ein Bauantrag wurde aber nie eingereicht – weil gar keiner existiert? Den Baubeginn hatte die Dünenpark GmbH dem Bund jedenfalls für das vierte Quartal 2022 zugesichert. Da aber nichts passierte, gab es im Lister Kommunalparlament entsprechende Nachfragen. In den Protokollen liest sich das so: „Es wird nach dem Baubeginn einer möglichen neuen Schwimmhalle gefragt.“ Antwort Bürgermeister Benck: „Diese Frage kann aktuell nur durch die DSK-BIG beantwortet werden, da es sich bei den Sportflächen um ein Privatgelände handelt.“
Ja, dieses Privatgelände… Das ist natürlich brisant. Steuergelder auf Privateigentum einzuzahlen, das ist tricky. Der Plan war aber auch, das Schwimmbad nach Fertigstellung für einen Euro an die Gemeinde zu verkaufen oder für kleines Geld zu verpachten. Nur wie überführt man eigentlich Privateigentum in die öffentliche Hand? Oder umgekehrt. Was gilt es zu beachten? Da müsste es eigentlich Verträge geben. Oder zumindest Vertragsentwürfe. Aber nicht einmal die gibt es. „Habt doch mal Vertrauen!“, Ronald Benck hatte sich mittlerweile ein neues Mantra angeschafft. Ja, Vertrauen ist sehr gut. Aber, wie würde es denn mit der späteren Nutzung aussehen? Was zahlt die Gemeinde konkret? Ist die Höhe gedeckelt? Wer bezahlt das Personal? Nichts wurde geklärt. Nichts wurde festgezurrt. Nirgends findet sich etwas Handfestes. Nichts Schriftliches. Es gab immer wieder Nachfragen, das schon. Zeitungsredaktionen, Gemeindeverterinnen, auch „Merret reicht’s“ erkundigten sich. Weinstock und Benck fühlten sich dadurch „weit unter der Gürtellinie“ angegriffen. Misstrauen sei fehl am Platz. „Die Fakten sind allen bekannt“, sagte Benck. „Es werden Behauptungen aufgestellt, die völlig aus der Luft gegriffen sind.“ So vergingen die Jahre.
Zwischendrin änderte der Bürgermeister kurz mal sein Profilbild auf Facebook und gab sich damit als Sympathisant der neu gegründeten Bürgerinitiative „Pro List“ zu erkennen. Die Initiatorin von „Pro List“, Roswitha Ladwein, sorgte für kraftvolle Unterstützung des Bürgermeisters: „Wir brauchen den Dünenpark, und wir brauchen die Schwimmhalle, den Sportplatz, und wir brauchen die Kita! Es geht um die Zukunft von List.“ Ronald Benck fühlte sich bestätigt: „Danke für dieses tolle Engagement an alle Beteiligten dieser Gruppe“, schrieb Benck. „Es freut mich umso mehr, weil es hier in List einige wenige Mitbürger gibt, die mit aller Gewalt versuchen, dieses für List so wichtige Projekt zu torpedieren und schlecht zu reden. Schön, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗲𝘀 𝗱𝗲𝗻 𝗟𝗶𝘀𝘁𝗲𝗿𝗻 𝗻𝘂𝗻 𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵𝘁’𝘀.“
+++ 𝗗𝗮𝗻𝗻 𝗽𝗹ö𝘁𝘇𝗹𝗶𝗰𝗵: 𝗱𝗶𝗲 𝗞𝗼𝘀𝘁𝗲𝗻 𝘀𝗼𝗹𝗹𝗲𝗻 𝗻𝘂𝗻 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗺𝗲𝗵𝗿 𝗱𝗶𝗲 𝗟𝗶𝘀𝘁𝗲𝗿 𝘁𝗿𝗮𝗴𝗲𝗻, 𝘀𝗼𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻 𝗱𝗶𝗲 𝗴𝗮𝗻𝘇𝗲 𝗜𝗻𝘀𝗲𝗹 +++
Zugegeben. Merret kann einem schon ganz schön auf die Nerven gehen. Aber wenn es „Merret reicht’s“ nicht gäbe, dann gäbe es auch diese Geschichte nicht. Oder man würde sie nicht glauben.
Als es nämlich nicht mehr zu übersehen war, dass das Feriendorf wuchs und wuchs, die Schwimmhalle jedoch mehr und mehr verfiel und sich die „Pro List“- Bürgerinitiative längst wieder aufgelöst hatte, änderte Ronald Benck auf einmal seine Strategie. Nun tat er so, als wäre doch sonnenklar, dass es viel zu teuer werden würde, das Lister Schwimmbad zu sanieren. Wo denkt ihr hin? Zehn Millionen würde das kosten. Bäm. Wie Ronald Benck auf einmal darauf kam? Er hatte die Kosten einfach mal geschätzt und verwies auf den russischen Angriffskrieg. Seitdem sei doch alles um 30% teurer geworden, oder nicht?
Was er verschwieg: seit dem Förderantrag war die Kalkulation nicht mehr angepasst worden. Es gibt überhaupt keine neue Kostenberechnung. Wozu auch? Man hatte ja sowieso ganz offensichtlich nicht vor, ein Schwimmbad zu sanieren. Die Fördermittel seien nun leider auch schon weg. „Diese hätten wir schon jetzt verbaut haben müssen, zudem war die Summe an Auflagen geknüpft. Unter anderem daran, dass die Sanierung bis Ende 2025 fertig ist und wir haben ja noch nicht mal angefangen“, so Benck in der Sylter Rundschau. Ist doch logisch.
Warum eigentlich nicht? Warum hat man nicht angefangen? Na, wegen des Denkmalschutzes, ließ dann wiederum die BIG-BAU verlauten. So eine Denkmalschutzbehörde prüft erfahrungsgemäß lange. Sehr lange. Prüft sie eigentlich immer noch? Niemand weiß es. Aber da ist da ja wenigstens noch der Beschluss der Gemeindevertretung zur Übernahme der 3,4 Millionen Defizit, den Benck damals durchgepeitscht hatte. Der steht ja. Damit könnte man zumindest noch arbeiten. Aber auch hier legte Ronald Benck den Rückwärtsgang ein: „Wo soll denn das Geld herkommen?“, fragte er in der Sylter Rundschau, denn List habe ja gar keins, „daher werde ich meiner Gemeindevertretung empfehlen, nicht für die Sanierung zu stimmen.“ Moment mal. Die Sanierung war doch beschlossen und abgestimmt. Für Benck nun nicht mehr.
Stattdessen reicht er das Projekt einfach weiter: „Wir können als Gemeinde List alleine die Schwimmhalle weder kaufen noch pachten. Wir müssen am Ende zu einer Lösung kommen, die von allen Sylter Gemeinden mitgetragen wird. Deshalb prüfen wir derzeit die Gründung eines Zweckverbands.“ Aha. Bloß weg mit der heißen Kartoffel. Raus aus der Verantwortung. Nun prüfen also alle Sylter Gemeinden tatsächlich, ob sie das alte Lister Schwimmbad mitfinanzieren. Inzwischen sind inselweit bereits Dutzende Kommunalpolitiker und zig Verwaltungsleute in dieses Projekt mit hineingezogen worden, es gab Sitzungen, Fragenkataloge wurden erarbeitet, viel Zeit und Mühe sind schon eingeflossen, enorme Ressourcen wurden verbraucht, viele Feierabende wurden Ronald Benck geopfert, um sich in die Materie einzulesen, Gespräche zu führen, Ideen zu entwickeln. Über den Daumen gepeilt, beschäftigen sich zusammen mit der Verwaltung ungefähr fünfzig Leute mit dem Thema. Vielleicht sollte man mal eine Kostenaufstellung der bisher bereits geleisteten Arbeitsstunden anfertigen und dem Steuerzahlerbund vorlegen.
Ein Schwimmbad in List? Welcher Gemeinde ist zuzumuten, so weit zu fahren. Von Hörnum aus? Nee. Da gabs dann schon mal eine Absage. Und dann musste man sich auch noch mit dieser komplizierten Konstruktion Dünenpark, Privateigentum, Gemeindenutzung beschäftigen, bei der in fünf Jahren nicht geklärt wurde, wie man das rechtssicher handhaben kann. Da baut man doch lieber ein ganz neues Schwimmbad in der Inselmitte. Irgendwann. Genau. Das macht viel mehr Sinn. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, dafür braucht man allerdings keine fünfzig beratschlagenden Leute. Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand.
Wozu also dieser enorme Aufwand? Um zu simulieren, dass das Lister Schwimmbad vielleicht doch noch zu retten ist? Um so zu tun, als hätte man sich dafür zerrissen, als gäbe es noch eine Chance?
List kann es nicht mehr werden. Und das liegt laut Aussage von Ronald Benck vor allem an einem ganz entscheidenden Detail: Seitdem man vor fünf Jahren das Wasser abgelassen habe, ist der Boden der alten Schwimmhalle aufgebrochen, hat tiefe Risse. „Die Kosten dafür könnte ich nicht mal abschätzen“, wird Benck in der Sylter Rundschau zitiert. Dass der Boden kaputt ist, wusste er aber 2020 schon. Damals hieß es: kein Problem.
Wie ungeniert und lässig der Lister Bürgermeister mit dem Hoffnungsprojekt Schwimmhalle umgeht, ist großes Kino. Man könnte es auch als Kunststück bezeichnen, wie sich Benck immer wieder elegant aus der Affäre zieht und gleichzeitig jede Verantwortung von sich weist. Aber vielleicht war das Ding auch für einen ehrenamtlichen Bürgermeister von vornherein viel zu groß. Die BIG-BAU spielt einfach in einer anderen Liga. Man darf Ronald Benck unterstellen, dass er das Beste wollte. Aber Wollen und Können sind nicht dasselbe. Auf Bundes- oder Landesebene würde man jetzt einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Woanders nimmt man seinen Hut.
Schwamm drüber. Die Welt dreht sich weiter. In List konzentriert man sich nun auf das nächste Thema, das andere „Geschenk“ des Dünenparks an die Gemeinde, den Kindergarten. Der sollte zum jetzigen Zeitpunkt zwar auch schon in den letzten Zügen der Fertigstellung liegen, aber leider nein. Zwei Jahre nach Erstbezug der Dauerwohnungen in den „Fünf Schwestern“ war hier Deadline. So stehts geschrieben. Dass das nichts mehr wird, ist auch schon klar. Bereits abgehakt. Irgendwas ist ja immer. Diesmal Schädlingsbefall. Der Kindergarten soll nun zum 1. März 2028 fertig werden, wenn auch die kleinsten Dünenpark-Kinder schon in der Schule sind. Zweifeln ist nicht erlaubt.
Foto Schwimmhalle: Martin Tschepe
Merret´s Wünsche zum Neuen Jahr
Einen guten Rutsch ins neue Syltjahr –
Mit den besten (Wunsch-)Nachrichten für 2025
Wir freuen uns auf das neue frische Jahr und wünschen allen Insulanern und unseren Gästen viele positive Nachrichten. Rückblicke gab es schon genug. Deshalb will Merret heute den Ausblick wagen. Merret feiert im Sommer ihren fünften Geburtstag. Ein schöner Anlass, um einen Blick auf die Schlagzeilen zu werfen, die wir uns für 2025 wünschen. Man muss nur fest daran glauben, dann werden sie auch wahr.
(Achtung Satire)
Andreas Kammholz baut Alten Gasthof in List wieder auf
Exakt zwei Jahre ist es her, dass der Morsumer Andreas Kammholz den Alten Gasthof in List illegal abreißen ließ, nun wird das historische Gebäude detailgetreu wieder aufgebaut. Der Bauunternehmer hatte ursprünglich vor, dort ein Apartmenthaus mit Ferienwohnungen zu errichten. Doch die Proteste rissen nicht ab, die Widerstände waren zu groß. In der Folge kämpfte er mit Auftragsmangel und Ansehensverlust. Bis heute gilt Kammholz auf der Insel als „Persona non grata“. Das Grundstück in List war zwei Jahre lang eine Brache. Um endlich einen Schlussstrich ziehen zu können, entschied sich der Sylter pünktlich zum Jahrestag des illegalen Abrisses, der Gemeinde List ihren Gasthof zurückzugeben. Ende 2026 soll das Gebäude stehen.
Einhundert junge Familien ziehen nach Sylt – Bürgervorsteher überreicht große Willkommenspakete
Nach Jahrzehnten der Stagnation wächst die Inselbevölkerung endlich wieder. Bürgervorsteher Dobrzinski begrüßte die ersten hundert jungen Familien, die sich nun auf Deutschlands schönster Ferieninsel eine neue Existenz aufbauen. Bei einem Bürgerfest vor dem Rathaus mit Freibier und Bratwurst überreichte er an alle Neuankömmlinge Willkommenspakete gefüllt mit original Sylter Spezialitäten. „Unsere bundesweit gestartete Kampagne „Nachbarn gesucht“ war ein voller Erfolg, denn ohne junge Menschen hat Sylt keine Zukunft. Deshalb setzen wir die Aktion fort.“
Die Gemeindevertretung hatte gemeinsam mit der Sylt Marketing Gesellschaft und den Sylter Unternehmern eine viel beachtete bundesweite Anwerbeaktion gestartet, um der Schieflage in der insularen Demografie nachhaltig entgegenzuwirken und junge Familien auf die Insel zu locken. Vor allem aus dem Handwerk, aus Lehrberufen, Landwirtschaft und Dienstleistung kommen die neuen Insulaner, die mit Hilfe von Patenschaften des Unternehmervereins den Sprung nach Sylt gewagt haben.
„Unser Dank gilt vor allem der BIG-BAU und ihrem Chef Marc Weinstock“, sagte Dobrzinski. Weinstock hatte die unverkäuflichen Kliffhäuser im Dünenpark zur Festvermietung freigegeben, nachdem sich der Verkauf nicht mehr ankurbeln ließ, obwohl große Rabatte gewährt worden waren. Zuletzt hatte Weinstock potenziellen Käufern noch angeboten, die Grunderwerbsteuer zu übernehmen. Erfolglos.
Immokönig König reißt Apartmenthaus ab und pflanzt Bäume
„Sylt braucht mehr Natur und weniger Betten!“ Immobilienunternehmer Ole König aus Westerland hat das Jahr 2025 zum Wendepunkt erklärt. Er stiftete 46 Kiefern, die nun auf einem Grundstück angepflanzt werden sollen, auf dem zurzeit noch ein Apartmenthaus aus den 1970er Jahren steht. König hatte im Dezember bereits die Dr.-Ross-Straße aufgeforstet. Es sei schöner, „der Natur beim Wachsen zuzusehen als der Insel beim Abnippeln“, gab er zu Protokoll. Versiegelung sei kein Konzept. Weitere Grundstücke sollen folgen.
Landrat erinnert Sylter Politik an ihre eigenen Beschlüsse – Beherbergungskonzept wird endlich umgesetzt
„Sylt verbietet Ferienwohnungen“, das war das kurze und knappe Ergebnis eines einstimmigen Beschlusses der Sylter Gemeindevertretung im März 2023. Doch der Beschluss wurde bis heute nicht umgesetzt. Erst nachdem Landrat Florian Lorenzen öffentlich von „Wählertäuschung“ sprach und die Mehrheitsparteien – vor allem CDU und SWG – eindrücklich warnte, „den letzten Rest von Glaubwürdigkeit nicht auch noch zu verspielen“, lenkten die Kommunalpolitiker ein. Erik Kennel von der Sylter Wählergemeinschaft entschuldigte sich sogar bei den Bürgern und Bürgerinnen der Gemeinde mit einem Leserbrief in der Sylter Rundschau. Wörtlich schrieb er: „In unserem Wahlprogramm haben wir uns eindeutig zum Schutz des Dauerwohnraums verpflichtet. Dafür wurden wir gewählt. Dafür stehen wir auch. Das werden wir umsetzen.“
Kennel hatte erst kürzlich für Empörung gesorgt und einen Shitstorm in den Sozialen Medien ausgelöst, weil er als Vorsitzender im Bauausschuss zusammen mit CDU und SSW, einen Grundsatzbeschluss herbeiführte, der dem Bau von neuen Ferienwohnungen Tür und Tor öffnete. Eine Begründung für sein Abstimmungsverhalten lieferte er nicht. Dann folgte die Entschuldigung.
Landrat Lorenzen wies in seiner Stellungnahme noch einmal darauf hin, dass „Politik nach Gutsherrenart“ dem demokratischen Prinzip zuwiderlaufe, auf das sich unsere Gesellschaft gründe und mahnte: „Verkauft die Leute nicht für dumm.“ Dass die Demokratie in einer Krise stecke, zeige die neueste Umfrage der Körberstiftung. Nicht einmal mehr jeder zehnte Bundesbürger vertraue noch Politikern und nur noch knapp ein Drittel glaube, dass Kommunalverwaltungen sauber arbeiten.
„Das Beherbergungskonzept wird umgesetzt. Ohne Wenn und Aber“, erklärte jetzt CDU-Fraktionsvorsitzender Oliver Ewald. „Das hatten wir gemeinsam alle beschlossen.“ Auch Insulaner, SSW, SWG, FDP, setzten ihre Unterschrift unter ein entsprechendes Papier. Grüne und SPD gaben ihrer Freude darüber deutlichen Ausdruck: „Wir freuen uns auf einen Neuanfang und setzen viel Vertrauen in eine neue Form der Zusammenarbeit.“ kommentierte Roland Klockenhoff.
Verbrenner gestoppt – Sylt wird E-Auto-Insel
Die Bahn hatte es vorgemacht und den Transport von Verbrennern auf die Insel drastisch verteuert, während E-Autos nur noch zwanzig Euro für die Überfahrt zahlen. Nun zieht die Inselverwaltung nach. E-Autos parken künftig kostenlos auf allen Parkplätzen inklusive der Flächen an den Strandübergängen. Zuletzt hatte eine Verkehrszählung der Insel ein katastrophales Zeugnis ausgestellt, so dass die Landesregierung einschreiten musste, um die Insel vor dem Kollaps zu retten. „Es gibt nichts Exklusiveres als Ruhe, Natur und saubere Luft“, erklärte Manfred Uekermann, Vorsitzender des Landschaftszweckverbands. Wer sein Verbrennerauto künftig auf dem Festland stehen lässt, fährt mit den neuen elektrisch betriebenen Inselruftaxis für fünfzig Cent pro Kilometer.
Endlich auch auf Sylt – Bürgerrat nimmt seine Arbeit auf
In vielen Gemeinden bundesweit arbeitet er bereits erfolgreich und mit guten Ergebnissen. Auch die Bundesregierung setzt dieses Gremium häufig ein, um auf gesellschaftspolitische Fragen gute Antworten zu bekommen: der Bürgerrat. Nun nimmt auch auf Sylt ein Bürgerrat seine Arbeit auf. Die 25 Mitglieder wurden vorher ausgelost und stammen aus allen Inselorten. Sie nehmen sich der Frage an: „Wie muss eine politische Struktur aussehen, die Sylt wieder ins Gleichgewicht bringt? Wirtschaftlich, sozial, ökologisch und touristisch.“ Mit einem belastbaren Ergebnis rechnen die Organisatoren noch in 2025.
Manche Träume werden wahr. Wir träumen von lauter guten Nachrichten. In diesem Sinne wünscht Merret euch allen ein glückliches, erfolgreiches und kraftvolles neues Jahr. Mit Mut und Zuversicht lässt sich viel verändern, das haben wir in den vergangenen Jahren bewiesen. Man muss sich nur auf den Weg machen. Unerschütterlicher Optimismus und die Hoffnung auf ein lebenswertes Sylt treiben Merret reicht’s seit 5 Jahren an – und werden es weiter tun.
Happy New Year, Eure Merret
Sylter Bauausschuss öffnet Ferienwohnungsbau Tür und Tor
Ohne Begründung, ohne Diskussion, ohne mit der Wimper zu zucken:
Warum nur? Warum? Diese Frage blieb im Raum hängen, als sich der Bauausschuss der Gemeinde Sylt mit großer Mehrheit gegen mehr Dauerwohnraum und für neue Ferienwohnungen entschied.
Die Zuschauerreihen im Rathaus (9. Dez. 24) waren gut gefüllt, als es darum ging, mit dem Bebauungsplan 28 eine zukunftsweisende Richtungsentscheidung zu fällen. Angesichts der anhaltenden Wohnraumkrise war man gespannt, wie die Diskussion im Bauausschuss ablaufen würde. Zwei Modelle standen zur Wahl. In Variante A sollte Dauerwohnraum künftig in nennenswerter Größe pro Gebäude festgeschrieben werden. Variante B gab Ferienwohnungen den Vorzug.
Man kann es so kurz machen, wie die Veranstaltung dann tatsächlich war: Ohne Diskussion, ohne Für und Wider, ohne Begründung, ohne ein Wort der Erklärung stimmten die Politiker innerhalb von wenigen Minuten mit überwältigender Mehrheit für Variante B. Mehr noch: Künftig sollen auch Keller und Spitzböden ganz offiziell bewohnbar sein. Pro Gebäude wird eine Dauerwohnung festgeschrieben, egal wie klein.
Es mühten sich zwar noch Joachim Schweitzer von der SPD und Karl-Heinz Rüther für die Grünen, die bedrückenden Folgen dieser Entscheidung zu beschreiben und im Kreis der gewählten Bürgervertreter wenigstens eine Diskussion anzuschieben. Aber es regte sich keine Hand, nicht einmal der Ausschussvorsitzende Erik Kennel (SWG) ließ erkennen, was ihn bewogen hat, für Variante B zu stimmen. Niemand war bereit, sich zu äußern oder gar an einer Variante C zu arbeiten. Und so blieben die Gründe für diese Abstimmung im Dunkeln. Das Publikum sah den gewählten Volksvertretern beim Schweigen zu. Und über allem schwebte die große Frage: Warum? Warum nur? Die Entscheidung stand ganz offensichtlich lange vorher fest und wurde hinter verschlossenen Türen getroffen.

Kommentar Sylter Rundschau
Nicht lange her, da hatte die gesamte Gemeindevertretung noch ohne Gegenstimme für das Beherbergungskonzept gestimmt, das faktische Aus für den weiteren Bau neuer Ferienwohnungen. Nun hat der Bauausschuss Fakten geschaffen, die das Gegenteil bedeuten. Und man reibt sich verwundert die Augen und fragt sich: Warum?
Birte Wieda vom Bürgernetzwerk „Merret reicht’s“ ist ernüchtert: „Für kurze Zeit ging eine Tür für eine bessere Zukunft unserer Insel Sylt im Tourismus auf, in der Tragfähigkeit und Gleichgewicht eine Rolle spielen könnten. Diese Tür wurde gestern vorerst wieder zugeschlagen. Der Knall klingt nach….“
Gegen das Festschreiben von größeren Dauerwohnungen und für den unbegrenzten Ausbau von Ferienwohnungen inkl. Keller und Spitzböden pro Gebäude haben gestimmt:
Erik Kennel (SWG)
Ines Dreisow (CDU)
Kay Abeling (CDU)
Günther Frank (CDU)
Andreas Dobrzinski (CDU)
Kilian Westphal (FDP)
Stephan Froeschel (SSW)
Bent Thomsen (SWG)
Für das Festschreiben von größeren Flächen für Dauerwohnraum und gegen den unbegrenzten Ausbau von Fewos haben gestimmt:
Karl-Heinz Rüther (bürgerl. Mitglied, Grüne)
Joachim Schweitzer (SPD)
Sylter Bauausschuss berät den „B-Plan 28“ und der setzt Maßstäbe für die Zukunft!
Montag Vorentscheidung zur Lösung der Dauerwohnraum- und Fewo-Krise?
Die Erwartungen sind groß, die Hoffnungen enorm. Gelingt der Politik am Montag ein Durchbruch in der Dauerwohnraum- und -Krise? Die Gemeindevertreter stehen durch die Kontrollen der Kreisverwaltung erheblich unter Druck, möglichst schnell Voraussetzungen zu schaffen, unter denen die Nutzung von Ferienobjekte künftig auf einer rechtlich sicheren Grundlage betrieben werden kann. Zugleich ist dies ein entscheidender Moment, in dem auf Sylt das Gleichgewicht von Wirtschaftsraum zu Lebensraum definiert werden müsste und der Schutz von Dauerwohnraum in der Bauplanung der Gemeinde für die Zukunft abgesichert werden sollte. Dazu soll nun eine Vorentscheidung in Sachen „Muster-Bebauungsplan“ fallen. Dieser könnte dann in seinen wesentlichen Bestandteilen als Blaupause für die gesamte Insel dienen. Grob vereinfacht gilt: einer für alle! Die Sache ist dringend, denn seit durch das Beherbergungskonzept schon 2020 das ganze Ausmass der Sylter Funktionskrise in der Gesellschaft und Wirtschaft festgestellt wurde, ist viel in Bewegung gekommen. So ist mittlerweile bekannt, dass allein in Wenningstedt rund 85 Prozent des Wohnungsbestands bauplanungsrechtlich nicht als Ferienwohnungen betrieben werden dürften, ein überraschendes und schockierendes Ergebnis bei der Überprüfung der aktuellen B-Planaussagen im gesamten Gemeindegebiet, und es machen sich bereits deutliche Wertverluste bemerkbar. Die Sylter Immobilienbranche ist in Schieflage geraten. Preise sinken und gleichzeitig kehren nachweislich erste Wohnungen auf den Vermietungsmarkt für Dauerwohnraum zurück
Man braucht nicht viel Fantasie, um sich den Druck vorzustellen, unter dem die jahrelangen politischen Mehrheiten stehen, die die planungsrechtlichen Versäumnisse und das Ausmaß der Fehlnutzungen zu verantworten haben.
Geradezu existenziell ist es jetzt also, die Probleme des Dauerwohnraummangels und illegalen Ferienvermietung schnell zu lösen, und man versucht es mit Hilfe eines beispielhaften neuen Bebauungsplans.
Ein solcher kann die gesetzlichen Vorschriften zwar nicht außer Kraft setzen und muss auch immer die gebietstypische Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte berücksichtigen (im Kurzentrum gelten andere Voraussetzungen als in der Marinesiedlung, wo noch verhältnismäßig viele Sylter leben), aber er kann die Rahmenbedingungen bestimmen, wie wir auf Sylt künftig leben und wohnen wollen. Vor allem kann er über die Nutzung des Objekts entscheiden, ob Dauerwohnen, Zweitwohnen oder Ferienwohnen. Erklärtes Ziel bisher: diese drei Wohnformen (Nutzungsarten) sollen zukünftig genau definiert werden und in einem gesunden Verhältnis stehen, um das Überleben einer funktionierenden sozialen Struktur auf der Insel zu sichern. Damit will man aktiv der Abwanderung und der damit verbundenen Verödung ganzer Straßenzüge entgegenzuwirken.
Kann dies mit den Inhalten des „B-Plan 28“nun gelingen?
Drei Festsetzungen sind vom Bauausschuss zu treffen:
- Gebietscharakter: welche Wohnform soll hier vorherrschend sein?
- Dauerwohnraum: welchen Anteil nimmt Dauerwohnraum ein?
- Gebäude: wie viele Einheiten pro Haus sind möglich?
In Bezug auf Dauerwohnraum liegen zwei Entscheidungsvarianten auf dem Tisch: entweder sollen künftig 50% der gesamten kompletten Fläche aller Geschosse eines Gebäudes Dauerwohnen zur Verfügung stehen oder pro Gebäude eine Dauerwohnung festgesetzt werden. Sollte die Entscheidung zugunsten „eine Dauerwohnung pro Gebäude“ fallen, hätte dies aus Merrets Sicht den Nachteil, dass dadurch künftig (wie in der Vergangenheit schon geschehen) auch winzige Dauerwohnungen entstehen könnten – neben großzügig bemaßten Ferienwohnungen. Dann befände sich zwar in jedem Haus eine Dauerwohnung, diese wäre aber unter Umständen miniklein. Aus diesem Grund halten wir Merrets die 50% Regelung für die beste Lösung. Sollte sich der Bauausschuss für Variante B entscheiden, wäre zwingend geboten, wenigstens eine Mindestgröße festzulegen, damit auch Familien eine Chance auf Dauerwohnen erhalten.
Ein weiterer Knackpunkt ist der geplante Wegfall der „Geschossflächenzahl“ (GFZ), womit gemeint ist, dass künftig auch Keller und Spitzböden zur Wohnfläche hinzugezählt werden dürfen, sofern eine Deckenhöhe von 2,40 m gewährleistet ist. Sollte die GFZ künftig wegfallen, besteht die Gefahr, dass künftig deutlich mehr Kellergeschosse zu Dauerwohnungen umgebaut werden, um im EG und OG Ferienwohnungen einzurichten. Willkommen in den 1960er Jahren! Insulaner im Dunkeln, Feriengäste im Licht. Diese Konsequenzen muss man mitdenken bei dieser wichtigen Entscheidung.
Für ältere Gebäude ist dieses Thema zurzeit nicht relevant, denn die Deckenhöhe in den Kellern erreicht in der Regel keine 2,40 Meter. Wenn aber die GFZ wegfiele, wird es für Hausbesitzer und vor allem Investoren attraktiv, das Gebäude ganz abzureißen und neu zu bauen, um die Flächen optimal ausnutzen zu können. Deshalb sollte man sich unbedingt merken: der Wegfall der Geschossflächenzahl bedeutet konkret mehr Wohnraum pro Quadratmeter, mehr Menschen pro Haus, mehr Autos pro Grundstück, noch mehr Verkehr auf den Inselstraßen. Das sieht Merret kritisch.
Denn das hätte zur Folge, dass noch mehr alte Sylter Häuser verschwinden, noch mehr Baustellen, noch mehr Unruhe, weitere Spekulation entstehen. Obendrauf käme die schlechtere Klimabilanz. Allerdings würde weniger Grund und Boden versiegelt.
Wer mehr erfahren und vielleicht auch einen Blick auf die Vorlage und Begründung zum B Plan werfen möchte, kann hier einen Blick in die Mappe des Gemeinderates werfen:
Infos zum Tagesordnungspunkt: TOP-Mappe von TOP 16 der 18. Sitzung des Bau- und Planungsausschusses (Wahlperiode 2023 bis 2028) vom 09.12.2024 2
In diesem Zusammenhang noch eine Bitte an Politik und Verwaltung: In der Beschlussvorlage ist z.T. von „Wohnfunktion“ die Rede, die Begriffe sind nicht klar genug definiert. Es steht deshalb zu befürchten, dass hiermit auch „Zweitwohnen“ gemeint sein könnte. Es wäre hilfreich, hier ganz klar zu benennen, was damit gemeint ist.
Die Bitte an alle Bürger und Bürgerinnen: zahlreich der Sitzung am Montag beizuwohnen und sich für einen der entscheidenden Momente unser aller Zukunft zu interessieren.
Herzlichen Dank,
Eure Merret
„Ich mache keine krummen Dinger“
Die Hecken abgeholzt, die Kinderspielwiese umgegraben, die Fenster vernagelt, die Wohnhäuser mit Bauzäunen umschlossen, die Mieter mit falschen und viel zu hohen Nebenkostenabrechnungen schikaniert und mit ständigen Besuchen zum Auszug gedrängt. Es gab keine Reinigung mehr, der Strom fiel aus. Vor fünfzehn Jahren vertrieb die SL Immobilien GmbH aus Bremen 22 Sylter Familien erfolgreich aus ihren Mietwohnungen in den gelben Mehrfamilienhäusern am unteren Ende der Bomhoffstraße in Westerland.
Unmenschlicher Umgang“ mit Sylter Familien
„Das war der härteste Umgang, den ich je mit Mietern in ganz Schleswig-Holstein erlebt habe“, erklärte Stephan Sombrutzki vom Kieler Mieterverein, an den sich die Familien schutzsuchend gewandt hatten. Als „unmenschlich“ brandmarkte der damalige Vorsitzende des Bauausschusses Holger Flessau (CDU) das Vorgehen des Bremer Investors, der dort eine neue Wohnanlage errichten wollte. „Das ist einfach unmöglich“, beklagte Bürgermeisterin Petra Reiber und wollte die Häuser sogar beschlagnahmen lassen.
In den Gemeinderatssitzungen ging es über Monate hoch her. Der Berg kreißte – gebar aber am Ende nur eine Maus. Man einigte sich auf ein paar Zeilen Resolution: „Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen und verurteilen den Menschen verachtenden Umgang der Bremer SL Immobilien GmbH.“ Mehr war offenbar nicht drin. 22 Sylter Familien verloren ihr Zuhause. Angeblich machtlos die Politik. „Baurechtlich war das nicht zu verhindern“, ließ sich Holger Flessau zitieren. Rein rechtlich sahen sich die Gemeindevertreter außerstande, die Mieter zu schützen.
Dauerwohnungen gingen in die Ferienvermietung
In der entscheidenden Sitzung waren sie alle anwesend, die heute immer noch die Geschicke der Gemeinde lenken: Günther Frank, Kay Abeling, Eberhard Eberle, Gerd Nielsen, Carsten Kerkamm und auch Manfred Uekermann, mittlerweile Landtagsabgeordneter. Anfang 2010 waren die Wohnungen dann schließlich erfolgreich entmietet. Die zwischen den Häusern gelegene Grünfläche, wo bisher Kinder spielten, wurde einer „sinnvollen“ Nutzung zugeführt. Hier entstanden Parkplätze für Feriengäste.
Nach der Fertigstellung gingen nahezu alle 22 Einheiten in die Ferienvermietung. Von Anfang an ein unsauberer Deal. Denn die gesamte Anlage durfte laut Baugenehmigung ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Der Bebauungsplan ließ daran überhaupt keinen Zweifel. Doch niemand rührte eine Hand, niemand kontrollierte, niemand griff ins Getriebe, und so geriet diese unschöne Episode insularer Wohnraumvernichtung wie so viele andere in Vergessenheit.
Käuferin zahlte 1 Mio für eine illegale Fewo
Auch Frau Brinkmann (Name geändert) wusste davon nichts, als ihr im Spätsommer 2022 eine Zeitungsannonce der Sylter Firma RT Immobilien auffiel, in der eine Zwei-Zimmer-Erdgeschosswohnung in der Bomhoffstraße 17 für 950.000 Euro mit „eingeführter Ferienvermietung“ angeboten wurde. Die Geschäftsfrau aus Niedersachsen war auf der Suche nach einer Kapitalanlage mit guter Rendite. Sie zögerte. Denn für eine 65m²-Wohnung mit allen Nebenkosten rund 1,1 Millionen Euro zu bezahlen, erschien ihr selbst für Sylter Verhältnisse überteuert, immerhin sollte der Quadratmeter umgerechnet 17.000 Euro kosten. Der Verkäufer, ein Sylter Unternehmer, der im Immobiliengeschäft einen guten Ruf genießt, zeigte sich gesprächsbereit und ließ sich auf Verhandlungen ein. Frau Brinkmann unterschrieb schließlich den Kaufvertrag und zahlte knapp eine Million für zwei Zimmer und eine kleine Terrasse. Darin enthalten war auch ein saftiges Honorar für den testierenden Notar. Auch kein Unbekannter, ganz im Gegenteil. Dieser Sylter Notar setzte seine Unterschrift unter einen Kaufvertrag, in dem sich Frau Brinkmann ausdrücklich zusichern ließ, dass es sich bei der Eigentumswohnung um eine „Ferienwohnung“ mit entsprechender Genehmigung handelte (Merret liegt der Kaufvertrag mit allen Unterschriften vor). Denn auch Frau Brinkmann hatte mittlerweile registriert, dass man sich bei diesem heiklen Thema besser absicherte. Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel.
Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel
Dann das böse Erwachen, als Frau Brinkmann anschließend die Baugenehmigung einsah: Dauerwohnung! Und der Schock wurde noch größer, als ihr klar wurde, dass sie sich im Kaufvertrag sogar verpflichtet hatte, die Vermietagentur weiterzubeschäftigen. Das gab ihr den Rest. „Ich war vertraglich gezwungen, illegal an Feriengäste zu vermieten. Aber ich mache keine krummen Dinger. Das habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht.“ Sofort fordert sie vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrags ein. Sie fühlt sich betrogen und getäuscht „von diesen angeblich so renommierten Insulanern, die hier alles miteinander verquicken“, Ämter, Posten, Finanzierungen, Vermittlungen und Testate. „Sie haben mich alle zusammen aufs Kreuz gelegt.“ Doch von einer Rückabwicklung will bis heute niemand etwas wissen. Frau Brinkmann hat Fristen gesetzt. Die sind längst verstrichen, Monate sind vergangen, Frau Brinkmann verlor irgendwann die Geduld. Im Juli dieses Jahres (2024) reichte sie über eine Westerländer Kanzlei Klage ein. „Das könnte mich jetzt nochmal richtig Geld kosten, aber das ist es mir wert. Und mir ist klar, ich nehme es hier mit den Spitzen der Sylter Gesellschaft auf.“
Geld zurück? Die Gerichte müssen entscheiden
Zufall oder nicht, auf einmal gibt es für die Bomhoffstraße und das Gebiet drumherum einen neuen Bebauungsplan. Plötzlich ist Ferienwohnen dort erlaubt. Und wie Frau Brinkmann feststellen durfte, hat jemand für ihre neue Eigentumswohnung einen Umnutzungsantrag gestellt. Das war nicht sie selbst. Sie wusste gar nichts davon. Sie wusste auch nicht, dass das überhaupt möglich ist, dass Nicht-Eigentümer für eine Wohnung, die ihnen nicht gehört, eine Nutzungsänderung beantragen können. Und sie hat es auch gar nicht gewollt.
Nun verlangt sie erst recht ihr Geld zurück. „Das geht doch hier nicht mit rechten Dingen zu.“
Ausgang offen. Das Verfahren läuft. Verstrickt sind in diesen Fall die ganz Großen dieser Insel. Keine Auswärtigen. Diese wohlbekannten Leute haben sich gleich mehrfach persönlich bereichert und davon profitiert, dass vor fünfzehn Jahren 22 Sylter Familien in der Bomhoffstraße ihr (bezahlbares) Zuhause verloren. Durch ungerechtfertigte Mieteinnahmen, überteuerte Preise und Provisionen, die sich auf falsche Fakten stützten. Kein Einzelfall. Auf Merret-Nachfrage bestätigen Sylter Anwälte, dass immer mehr Schadenersatzforderungen eingehen, weil Immobilien überall auf der Insel mit solchen „Mängeln behaftet“ und deshalb zu teuer verkauft worden seien.
Merret fordert sauberen Umgang mit den Fakten
Aus Merrets Sicht ist es höchste Zeit, endlich aufzuräumen. Es ist Zeit, sich ehrlich zu machen. Politiker dürfen nicht gleichzeitig die Rahmensetzung der Sylter Baupolitik bestimmen und sich anschließend über geltendes Recht hinwegsetzen, um auch noch persönlich wirtschaftlich davon zu profitieren. Schwer erträglich wird es dann, wenn dieselben Politiker auch noch öffentlich fordern, die Behörden mögen über diese Rechtsverstöße hinwegsehen, weil sonst die Sylter Wirtschaft zusammenbrechen würde.
Diese Praktiken beschädigen das Image der Insel viel nachhaltiger als eine Horde Punks auf einer Festwiese. Es ist allerhöchste Zeit, dass Sylt endlich supergute Bebauungspläne bekommt, die die Bevölkerung schützen und den Zuzug von Familien und Normalverdienern ermöglichen, weil sie genügend Dauerwohnungen vorschreiben. Hoffentlich erfüllt der „B-Plan 28“, der als Blaupause für den künftigen Umgang mit Immobiliennutzung dienen soll, diese hohen Erwartungen.
Alle Namen der beteiligten Personen sind Merret bekannt.
(Fotos: Moritz Unruh und Merret reicht’s)