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„B-Plan 28“ –  Wie Sylt die illegale Ferienvermietung in den Griff bekommen will

Mit neuen Bebauungsplänen soll die Quadratur des Kreises gelingen: Mehr Wohnungen für Insulaner, ohne die Ferienvermietung ernsthaft zu gefährden.

Ein bisschen Rätselraten ist immer noch dabei. 11.000 Ferienwohnungen soll es auf Sylt geben und davon sollen rund ein Drittel „nicht genehmigungsfähig“ sein, so drückt es Kreisbaudirektor Jansen aus. Die Sylter Unternehmer befürchten sogar 70% illegalem Bestand. Auf gut Deutsch: Sollte die Kreisbaubehörde mehr als die Hälfte der Sylter Feriendomizile stilllegen, würde das beispiellose finanzielle Verluste für die Insel nach sich ziehen. Aber wie organisiert man das Ferienwohnen künftig rechtssicher? Welche Einheiten sind zu retten? Und wie?

Blaupause „B-Plan 28“

Der offizielle Weg, der nun beschritten wird, führt über die Bebauungspläne. In einem sogenannten „B-Plan“ legt die Gemeinde die Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke rahmensetzend fest. So ein Plan gilt in der Regel für ein abgegrenztes Gebiet innerhalb einer Stadt oder einer Gemeinde, das mehrere Straßenzüge umfasst. Am B-Plan kann man erkennen, ob sich Grundstücke in einem „reinen Wohngebiet“, in einem „allgemeinen Wohngebiet“ oder etwa in einem Gewerbegebiet befinden, mit wie vielen Stockwerken oder in welcher Höhe ein Haus errichtet werden darf, ob Ferienwohnen dort erlaubt ist oder nicht. Leider haben die Gemeinde Sylt und ihre Kommunalpolitiker in Jahrzehnten Vieles schleifen lassen, Verstöße gegen die geltende Gesetzeslage wurden geduldet, Mahnungen der Kreisbaubehörde über Jahre ignoriert. Für manche Gebiete existiert nicht einmal ein Bebauungsplan, was sich nun bitter rächt. So sind mehr und mehr Ferienwohnungen auch dort entstanden, wo sie eigentlich nicht erlaubt sind. In reinen Wohngebieten zum Beispiel. Selbst in Mehrparteienhäusern, die Sylter Unternehmen ausschließlich für ihre Angestellten errichtet haben, zogen auf einmal Feriengäste ein. Aus Einfamilienhäusern wurden Personalhäuser mit Mini-Apartments. Was auf Sylt wohnungstechnisch los ist, muss an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.

Künftig 50%-Regel?

Die Missstände sollen nun behoben werden, indem für jedes Sylter Siedlungsgebiet die Bebauungspläne überarbeitet wird, also festlegt, was dort künftig erlaubt ist und was nicht. Der erste B-Plan unter dieser neuen Maßgabe ist nun fertig geworden und liegt im Entwurf vor. Er könnte eine Blaupause für die zukünftigen grundsätzlichen Rahmensetzungen sein. Deshalb ist er so interessant. Der „B-Plan 28“ beschreibt das Gebiet im Halbkreis nördlich des Schulzentrums im Norden von Westerland. Bislang als „allgemeines Wohngebiet“ ausgewiesen, wo Ferienwohnen nur „ausnahmsweise“ erlaubt ist. Hier leben auch noch verhältnismäßig viele Insulaner. Ungefähr die Hälfte der Häuser sind dauerhaft bewohnt. In dieser Siedlung waren die Kontrolleure bereits unterwegs und haben viele Eigentümer angeschrieben und auch Objekte stillgelegt. Im neuen „B-Plan 28“ soll eine 50%-Regel gelten, die es den Eigentümern ermöglicht, zur Finanzierung ihrer Immobilie immer noch eine Ferienwohnung zu unterhalten. Er schreibt aber auch für jedes Haus Dauerwohnen fest. Mindestens 50% der Geschossfläche muss für Dauerwohnen zur Verfügung stehen.

Sicherung des Dauerwohnbestands

Viele müssten dann allerdings umdenken und rückbauen. Aber die 50%-Regel eröffnet allen Betroffenen immerhin die Chance, rückwirkend für einen Teil ihrer Ferienwohnungen eine Nutzungsänderung zu beantragen und sie rückwirkend legalisieren zu lassen, was bei der derzeitigen Gesetzeslage eigentlich ausgeschlossen ist. Der „B-Plan 28“ bringt wieder etwas ins Gleichgewicht. Natürlich nicht ohne Verluste, aber eben nicht mit grundsätzlichen Verboten der Ferienvermietung und mit Gewinn für die Bevölkerung und für alle, deren Finanzierung an einer Ferienwohnung hängt. Ein Stück Gerechtigkeit, weil die Regelung für alle Grundstücke gleichermaßen gilt.

Zusätzlich finden sich im „B-Plan 28“ noch andere interessante Regeln. Keller dürfen nicht größer sein, als das Haus und nicht mehrere Stockwerke haben, Abgrabungen zu Kellerfenstern sind verboten, Keller und Spitzboden können nur Wohnflächen sein, wenn eigene Notausgänge nach draußen existieren. Zweitwohnen soll künftig nicht mehr erlaubt sein. Und noch vieles mehr.

Zerschlägt „B-Plan 28“ den Gordischen Knoten?

Der „B-Plan 28“ wird gerade heiß diskutiert. Entschieden ist noch nichts. Unübersehbar jedoch die Maßgabe, dass der ständigen Umwandlung von Dauerwohnraum in Ferienwohnraum endgültig ein Riegel vorgeschoben wird. „Es besteht das dringende Erfordernis, Dauerwohnen im Bebauungsplan zu sichern“, schreiben die B-Plan-Autoren. Das ist deutlich. Darüber ist man sich politisch offenbar einig. Über den Weg dahin noch nicht, denn er wird den Vermietmarkt für Ferienwohnen und Dauerwohnen auf Sylt von Grund auf verändern.

Bebauungsplan 28 Gemeinde Sylt zum Download

Begründung zur 5. Änderung des Bebauungsplan Nr. 28